Nachbeben

Von | 22. März 2015

Wolfgang Böhmer berichtet in seinem Buch über Erlebtes in Ausübung seines Jobs als Rundfunk-Reporter in Kriegs- und Katastrophengebieten. Das Buch berührt und veranlasst Gedanken darüber anzustellen, welchen Unterschied es bedeutet, als Europäer in einem wohlhabenden Land geboren zu werden oder in einem Land des afrikanischen Kontinent.

In diesem Buch mit dem Untertitel “Abseits der Schlagzeilen großer Tragödien” berichtet Böhmer u.a. über seine Reporter-Einsätze in Indonesien, Pakistan, Somalia und Afghanistan. Hier einige Zeilen, die zum Lesen anregen sollten:

[…] Und in diesem Leben begegnet man Menschen, die eine Zuversicht, ein Ja zum Leben ausstrahlen und aussprechen, das einem Europäer so unverständlich scheint. […] Es ist die Mutter, die ihrer 14 Monate alten Tochter zusehen muss, wie das Licht des Lebens aus ihren Augen weicht und sie den noch warmen, vollkommen abgemagerten Körper ein letztes Mal an sich presst, aber keine Zeit findet, ihren unglaublichen Schmerz hinauszuschreien, weil sie für ihre vier weiteren Kinder kämpfen muss, Essen auftreiben muss und damit alleine ist, weil der Mann vor Wochen umgebracht wurde. Das Leben hievt diesen Menschen Leid auf die Schultern, das für uns unterträglich scheint, und doch sind es oft gerade diese Menschen, die in dieser absoluten Ausweglosigkeit eine unbegreifliche Zuversicht ausstrahlen und den verweichlichten, in Sicherheit, Versicherungen und Lebens-, Pensions- und Altersplänen verpackten Europäer beschämen. Als Europäer haben wir das Augenmaß für die Widerwärtigkeiten des Lebens verloren, auch das Augenmaß für die eigene Leidensfähigkeit, die um so viel höher zu liegen scheint, als wir es uns vorstellen können. […]

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